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    Neu im Heimkino: In diesem finsteren FSK-18-Folter-Horror nimmt eine Frau erbarmungslose Rache
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    Der Rape-and-Revenge-Reißer „Violation“ krempelt sein Genre gehörig um – und mutiert letztlich zu einem kompromisslosen Folter-Horrorfilm. Jetzt gibt es den FSK-18-Schocker uncut im Heimkino.

    +++ Meinung +++

    Das Genre „Rape and Revenge“ gehört zu den berüchtigsten Filmgattungen – nicht ohne Grund. Schließlich verlangt es oftmals selbst hartgesottenen Horror- und Thrillerfans starke Nerven ab und wird nicht selten für seine moralische Gratwanderung kritisiert, aus einem grauenvollen Verbrechen Spannungskino zu formen. Aber gerade aufgrund dieses Balanceaktes erlebt dieses Genre seit Jahren so etwas wie eine Renaissance. Denn einige Filmemacher*innen lockt die Herausforderung an, mit dieser Thematik knallhart zu schockieren und ihr neue Facetten abzugewinnen, ohne dabei zu trivialisieren oder gar zu verharmlosen.

    So spinnt „Promising Young Woman“ aus dem Stoff ein sardonisches, vor Frust über die immer wieder wegschauende Gesellschaft brodelndes Galgenhumor-Thrillerdrama. „Violation“ hingegen ist so etwas wie der in mehrere Extreme gezerrte Gegenentwurf zum Oscar-Gewinner: Niederschmetternder, brutaler, finsterer und völlig humorlos. Nachdem „Violation“ bislang nur in streng limitierten Mediabooks erschienen ist, bekommt der knallharte Thriller nun eine Uncut-Neuauflage in Standard-Verpackung und regulärer Stückzahl.

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    Sowohl die Standard-Blu-ray als auch die Standard-DVD von „Violation“ sind ab sofort erhältlich. Auf beiden Discs ist der der Folter-Horror, Psychodrama und Rape-and-Revenge-Thriller vereinende Film in der ungeschnittenen FSK-18-Fassung enthalten. Aufgrund seines sehr direkten Umgangs mit einem überaus unbequemen Thema ist der Indie-Horror allerdings wirklich nur etwas für Filmfans mit starken Nerven ...

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    ... was jedoch nicht bedeutet, dass sich alle Freund*innen des ausschweifend zelebrierten Gores und Splatters sowie des kalkulierten Tabubruchs auf eine zünftige Zeit einstellen können. „Violation“ distanziert sich mit Ansage von den süffisanten Exploitationwurzeln seines Genres, um stattdessen unmittelbar das Leid, den Schmerz und die orientierungslose Wut seiner Protagonistin begreifbar zu machen. Eine Feel-Good-Horroreskapade sieht anders aus.

    "Violation": Gnadenlose, unbeseelte Rache

    Miriam (Madeleine Sims-Fewer) befindet sich in einer unglücklichen Ehe mit Caleb (Obi Abili), weshalb sie dankend der Einladung ihrer Schwester Greta (Anna Maguire) und ihres Schwagers Dylan (Jesse LaVercombe) folgt, ein Wochenende in einem Haus am See zu verbringen. Dort soll das unglückliche Paar neue Perspektive gewinnen. Aber schon bald nehmen die Gespräche finstere Wendungen und die Stimmung kippt. Nur Dylan scheint Miriam zu verstehen – jedoch ist dies bloßer Schein. Dylan vergewaltigt mitten in der Nacht seine Schwägerin. Und die schwört gnadenlose Rache...

    Sims-Fewer ist nicht nur die Hauptdarstellerin von „Violation“, sondern verantwortete obendrein mit Dusty Mancinelli auch Regie, Produktion sowie das Drehbuch des Films. Als Duo stemmten sie zuvor mehrere preisgekrönte Kurzfilme, dieser Rape-and-Revenge-Film ist ihr Langfilmdebüt. Und das ist „Violation“ durchaus anzumerken, denn der Film wirkt durchaus so, als wären drei kürzere Filme brutal ineinander gerasselt und hätten sich dabei verzahnt.

    Zu viel Sex & Gewalt: Dieser Folter-Horror war zu krass für die FSK – und erscheint nun dennoch ungekürzt fürs Heimkino!

    Da wäre ein kummervoll-verträumtes Beziehungsdrama über eine Frau, die zu ihrem Schwager einen besseren Draht hat als zu ihrem Gatten und ihrer eigenen Schwester. Ein emotional niederschmetternder Kurzfilm, der versucht, eine Vergewaltigung so in Szene zu setzen, dass keinerlei Zurschaustellung des weiblichen Opfers geschieht, und sein Leid trotzdem unmissverständlich, unter die Haut gehend vermittelt wird. Und zuletzt ein Folterhorror, der jegliche inszenatorische Vorsicht aus dem Fenster schmeißt – aber dennoch nicht einen Funken der triumphalen Erlösung aufweist, worauf es der Racheakt in diesem Genre doch zumeist anlegt.

    Diese Zerrissenheit des Films kann auf den ersten Blick abschreckend wirken, zumal die chronologisch zerstreute Erzählweise eingangs einen Keil zwischen Publikum und Geschehen treibt. Aber es ist, gewöhnt man sich erst daran sowie an die verträumten, assoziativen Naturbilder von Kameramann Adam Crosby, eine wahre Stärke des Films: Das Regie-Duo Sims-Fewer/Mancinelli verhindert das „Hinfiebern“ gen (Sexual-)Gewaltspitzen, so dass die harten Momente des Films konsequent niederschmetternd statt aufregend geraten.

    Paradaxoerweise bringt das Regie-Team das Publikum so letztendlich näher an die komplex gespielte Miriam: „Violation“ fängt das Gefühl der Hauptfigur ein, nicht mehr sie selbst zu sein, wie auf Autopilot zu handeln und traumatisiert in Gedanken zwischen dem Davor, dem Währenddessen und ihrem rachelüsternen, keine ausreichende Genugtuung verspürenden Jetzt zu schwanken. Das verneint dem Publikum zwar bewusst den genretypischen Thrill – macht „Violation“ aber auch zu einem besonderen Genreeintrag, der in Erinnerung bleibt.

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