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    Einer der größten Skandalfilme aller Zeiten ist nach 35 Jahren nicht mehr indiziert!
    Björn Becher
    Björn Becher
    -Mitglied der Chefredaktion
    Als zugelassener Rechtsanwalt interessiert sich Björn Becher auch für alle Filmthemen mit Jura-Bezug – von Justizfilmen über Fragen des Jugendschutzes bis hin Hollywoods Branchenprozessen.

    Auf kaum ein Werk trifft das Label „Skandalfilm“ so sehr zu, wie auf „Die 120 Tage von Sodom“. Und so hatte Pier Paolo Pasolinis Klassiker eine lange Geschichte mit Behörden und Verboten – die ist nun um ein erfreuliches Kapitel reicher.

    Um mehr als 20 Minuten war sogar die FSK-18-Fassung gekürzt, wiederholt beschäftigte „Die 120 Tage von Sodom“ in Deutschland die Gerichte und Behörden. Nun musste sich die für Indizierungen zuständige Bundeszentrale für Kinder- und Jugendschutz wohl das letzte Mal mit dem Skandal-Klassiker auseinandersetzen. Nachdem das ursprünglich tagende 3er-Gremium nicht zu einer Übereinstimmung darüber kam, den Film von der Liste indizierter Titel zu streichen, folgte dann im großen 12er-Gremium die Entscheidung: „Die 120 Tage von Sodom“ ist nicht mehr indiziert. Dies berichtet das Portal Schnittberichte.com. Eine offizielle Mitteilung ist noch nicht erfolgt und wird wohl erst Ende des Monats kommen, wenn die Listenstreichungen normalerweise gebündelt kommuniziert werden.

    Zeitweise war „Die 120 Tage von Sodom“ übrigens sogar beschlagnahmt. Bereits rund um den Kinostart 1975 ordneten dies zahlreiche Amtsgerichte jeweils lokal an. Im Februar 1976 verfügte das Amtsgericht Saarbrücken dann sogar, dass alle Kopien in ganz Deutschland zu beschlagnahmen seien, weil „Die 120 Tage von Sodom“ nur eine „Aneinanderreihung brutalster Gewalt und Perversionen“ sei und „keine Spuren von Kunst“ zeige. Auch wenn dieses Urteil nach einem Ritt durch die Instanzen bis zum Bundesgerichtshof bald keinen Bestand mehr hatte, war die Zensur-Geschichte für den Pasolini-Klassiker in Deutschland noch lange nicht vorbei.

    Denn obwohl er auf VHS nur gekürzt erschien, kam es 1987 zur Indizierung. Ein Antrag, „Die 120 Tage von Sodom“ von der Liste jugendgefährdender Medien zu streichen, blieb 2004 noch ohne Erfolg. Damals wurde die Indizierung noch bestätigt. Erst jetzt – 35 Jahre nach der Indizierung 1987 – hat sich das also geändert.

    Vergewaltigungen und Kotfressen: Das ist "Die 120 Tage von Sodom"

    Regisseur Pier Paolo Pasolini entführt uns mit „Die 120 Tage von Sodom“ in die faschistische Republik Salo, wo das eigentlich bereits dem Untergang geweihte Regime seine Macht so brutal es nur geht ausübt, so lange wie ihnen das noch möglich ist. Männer und Frauen werden gleichsam misshandelt und gefoltert, vor allem alle sexuellen Triebe werden hemmungslos an ihnen ausgelebt.

    Vergewaltigungen, abgeschnittene Zungen und das Herunterwürgen von gerade ausgeschiedenem Kot sind einige der schockierenden Szenen, mit welchen „Die 120 Tage von Sodom“ aufzuwarten vermag. Vor allem eine Szene, in welcher gefangene Kinder und Jugendliche von ihren Altherren-Peinigern dazu gezwungen werden, haufenweise Fäkalien zu essen, ist nur schwer auszuhalten. Pasolinis Film geht so sehr an die Nieren, weil der Regisseur seinem Publikum kaum Raum zum Durchatmen lässt. Am Ende ist sein Werk zwar provokatives Skandalkino, aber auch ein scharfer Kommentar über die genusssüchtige Konsumgesellschaft der Nachkriegszeit – und avancierte so zum auch von vielen gepriesenen Klassiker. In unserer FILMSTARTS-Kritik stellen wir so zwar fest, dass es „unbestritten nach wie vor wohl das Extremste, was jemals auf 35 Millimeter gebannt wurde“ ist, geben aber auch 4 Sterne.

    Auch wenn es bereits ungekürzte Veröffentlichungen von „Die 120 Tage von Sodom“ auf DVD und Blu-ray in der Reihe KinoKontrovers gab, ist mit der Streichung vom Index nun der Weg frei, die Uncut-Version auch von der FSK freigeben zu lassen. Darauf könnte eine ungekürzte Neuveröffentlichung folgen, die dann wahrscheinlich auf größeres Interesse stoßen dürfte.

    Die verstörendsten Filme aller Zeiten

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