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    Love Again
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Love Again

    Eine deutlich schwächere SMS für dich

    Von Sidney Schering

    Dass sich die US-Filmindustrie gerne an Stoffen bedient, die bereits erfolgreich in anderen Ländern liefen, ist ein uralter Hut. Dennoch ist es immer wieder auf's Neue überraschend, wenn es auch mal eine deutsche Geschichte trifft. Mit „Love Again“ ist es nun wieder soweit: Die US-Romantikkomödie mit „White Tiger“-Star Priyanka Chopra Jonas und dem aus „Outlander“ bekannten Sam Heughan ist eine Neuverfilmung von „SMS für dich“.

    Mit dem Liebesfilm aus dem Jahr 2016, der auf dem gleichnamigen Roman von Sofie Cramer basierte, begann Karoline Herfurth ihre längst sehr beachtliche Regiekarriere. Bereits ihr Langfilmdebüt erntete großes Lob, darunter 4,5 Sterne in der FILMSTARTS-Kritik. Seither hat sich Herfurth als eine der interessantesten Stimmen im deutschen Mainstreamkino bestätigt. Große Fußstapfen also, die Regisseur und Autor James C. Strouse in seiner US-Antwort jedoch nicht ausfüllt. Und das trotz tatkräftiger Hilfe durch Popballaden-Ikone Céline Dion...

    Findet Mira neues Glück?

    Seit dem tragischen Tod ihres Verlobten ist Kinderbuchillustratorin Mira Ray (Priyanka Chopra Jonas) nicht mehr dieselbe: Sie zieht sich zurück, zeichnet trostlose Bilder und bläst unentwegt Trübsal – selbst zwei Jahre nach ihrem Verlust! Ihre Schwester Suzy (Sofia Barclay) versucht sie mit aller Kraft wieder in die Datingwelt zu schubsen, doch stattdessen beginnt Mira, SMS-Nachrichten an ihre verstorbene Liebe zu schicken.

    Da die Nummer mittlerweile weitergegeben wurde, landen die Nachrichten bei Journalist Rob Burns (Sam Heughan), der sich ungesehen in die Verfasserin der melancholisch-sehnsüchtigen Zeilen verliebt. Doch wie soll er die mysteriöse Fremde für sich gewinnen, noch dazu, während er an einem aufwändigen Artikel über Céline Dion arbeiten muss..?

    Änderungen mit Folgen

    Dass bereits kleine Änderungen große Wirkung haben können, lässt sich ideal durch einen Vergleich zwischen „SMS für dich“ und „Love Again“ belegen. So ist Rob zu Beginn der Geschichte ein frustrierter Junggeselle, da er kürzlich von seiner Verlobten sitzen gelassen wurde. Sein von Friedrich Mücke gespieltes deutsches Pendant Mark lernen wir dagegen in einer Beziehung mit Kommunikationsschieflage kennen: Seine Partnerin wähnt alles im grünen Bereich und hegt detaillierte Zukunftspläne, er ist apathisch. Dass Strouse in „Love Again“ direkt zu Beginn beide Hauptfiguren zu Singles macht, ohne entsprechende Änderungen in der Filmmitte vorzunehmen, hat Folgen:

    Auf thematischer Ebene war es eine schöne Spiegelung, dass die „SMS für dich“-Hauptfiguren unfähig sind, zu kommunizieren: Sie schreibt SMS an einen Toten, der sie über alles liebte. Er ist zu perspektivlos, schüchtern oder träge, seiner Verlobten zu erklären, dass er sie nicht mehr liebt. Es ist vollkommen schlüssig, dass diese Beiden einander als Erlösung empfinden, deswegen aber ein schlechtes Gewissen entwickeln und somit für einen schlechten Start sorgen.

    Rob spricht mit Céline Dion.

    Dadurch, dass Rob bereits zu Filmbeginn solo ist, ist sein späteres Zögern, Mira über den telekommunikativen Zufall aufzuklären, weniger nachvollziehbar. Allein schon deswegen ist die emotionale Fallhöhe im Mittelteil, wenn sich die beiden Verliebten näherkommen, während etwas Unausgesprochenes zwischen ihnen steht, deutlich geringer. Noch dazu spielt Priyanka Chopra Jonas die Protagonistin längst nicht so mehrdimensional wie Herfurth in ihrem eigenen Film: Aus dem geradezu schmerzvollen Ringen zwischen anhaltender Trauer und dem Blick gen Zukunft in „SMS für dich“ wird eine einfache Vorher/Nachher-Geschichte – Mira ist trübselig, lernt Rob kennen und ist dann wie ausgewechselt.

    Dass Sofia Barclay („Ted Lasso“) als Miras Schwester Suzy und Lydia West („Dracula“) als Robs neugierige Kollegin Lisa fast nur Stichwortgeberinnen sind, sorgt für weitere emotionale Leerstellen. In „SMS für dich“ konterkarierten dagegen Nora Tschirner und Enissa Amani den Herzschmerz des zentralen Pärchens mit Verve und Persönlichkeit. Doch immerhin eine Personalie haucht „Love Again“ Charakter ein – und was für einen: Wo im deutschen Film noch Katja Riemann als fiktive, exzentrische Schlagersängerin Henriette Boot große Töne spuckte, karikiert sich im US-Film niemand Geringeres als Céline Dion selbst!

    Céline Dion ist das Highlight des Remakes

    Dions Szenen sind zweifelsohne die Glanzmomente des Films: Als Rob wider seinen Willen aufgebrummte Interviewpartnerin überhöht die Interpretin des „Titanic“-Ohrwurms auf charismatische Weise ihre widersprüchlichen, öffentlichen Bilder: Sie ist eine Diva, die genau weiß, was sie will; eine überraschend nahbare Persönlichkeit; eine Mentorin der Liebe; der Mittelpunkt sonderbarer „Eurovision Song Contest“-Anekdoten! Dions Szenen sind mit Witz geschrieben und mit der richtigen Balance aus Selbstironie und Kitsch gespielt. Dass der Soundtrack mit mehreren ihrer Klassiker sowie fünf (!) neuen Songs vollgepumpt ist, ist allerdings dann doch übertrieben.

    Dass die Selbstmitleid-Powerballade „All By Myself“ für eine augenzwinkernde Montage genutzt wird, gewinnt keinen Originalitätspreis, ist aber punktgenau umgesetzt. Und natürlich profitiert so manches Rendezvous zwischen den Hauptfiguren von Dions kraftvollem Gesang über die Liebe. Auf Dauer wirkt die Dion-Dauerbeschallung aber wie eine Krücke. Die hätte der Film nicht nötig, wären die Figuren in „Love Again“ so nuanciert und greifbar wie bei Herfurth. In „SMS für dich“ waren es Menschen, im Remake sind es dann doch eher Filmfiguren.

    Fazit: Eine liebenswert-großspurige Céline Dion überstrahlt als Kupplerin das Paar, das sie zusammenbringen möchte: Im US-Remake von „SMS für dich“ ist fast alles eine Spur unpersönlicher und banaler. Für Céline-Dion-Fans lohnt sich „Love Again“, alle anderen schauen dann doch bitte lieber (noch einmal) Karoline Herfurths Hit von 2016.

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