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    Garfield - Eine Extra Portion Abenteuer
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Garfield - Eine Extra Portion Abenteuer

    Nicht nur Tom Cruise macht alle Stunts selbst

    Von Lutz Granert

    Nicht jedes Tier hat das Zeug zum Comic-Helden, davon kann insbesondere Jim Davis ein Lied singen: Nach dem Abbruch seines Kunst- und BWL-Studiums versuchte er erfolglos, mit Comics über „Gnorm The Gnat“, den Abenteuern einer Stechmücke, Geld zu verdienen. Ohne Erfolg. Aber seine nächste Kreation kennt inzwischen jedes Kind: Im Januar 1978 veröffentlichte er die erste Bildergeschichte um eine exotische Kurzhaarkatze mit übermäßigem Appetit sowie seinen überforderten Halter Jon. Inzwischen schaffte es „Garfield“ als am häufigsten lizenzierter Comicstrip der Welt sogar ins Guinness-Buch der Rekorde.

    Für eine kurze und trotz reichlich Lasagne leicht verdauliche Lektüre zwischendurch eignet sich das Format mit zumeist nur drei Panels, an deren Ende meist eine Pointe zu kulinarischen Vorlieben, zur Leibesfülle oder zur Faulheit des Stubentigers stehen, schließlich hervorragend. Komplexe Geschichten lassen sich in Comicstrips jedoch kaum erzählen – und vielleicht lieg es auch daran, dass die beiden bisherigen Kinofilme „Garfield – Der Film“ (2003) und „Garfield 2“ (2005) mit ihrem mittelmäßig computeranimierten Titelhelden trotz eines ordentlichen Einspielergebnisses bei der Kritik krachend durchfielen.

    Reboot diesmal ohne Realfilm-Elemente

    Garfield – Eine Extra Portion Abenteuer“ markiert nun 20 Jahre später einen Neustart – diesmal als komplett animiertes Kino-Abenteuer um den bräsigen Stubentiger. Unter der Regie von Mark Dindal, der u. a. das unterschätzte, weil angenehm anarchische Disney-Märchen „Ein Königreich für ein Lama“ verantwortet hat, kann sich vor allem die Tricktechnik bis in die feinsten Fellspitzen mit der Konkurrenz von Pixar & Co. messen. Inhaltlich fehlt es aber nach wie vor an Substanz oder Hintersinn, um das auf Action getrimmte Treiben auch für ein Publikum jenseits des Grundschulalters interessant machen.

    Garfield (Stimme in der deutschen Fassung: Hape Kerkeling) führt bei seinem überforderten Herrchen Jon ein unbeschwertes Leben in Völlerei. Eines Tages werden Garfield und sein bester Hunde-Freund Odie jedoch von der durchtriebenen Perserkatze Jinx (Anke Engelke) entführt. Nach einem missglückten Raubüberfall hat sie lange Zeit im Tierheim gesessen – und deshalb noch eine Rechnung mit Garfields leiblichem Vater Vic (Engelbert von Nordhausen) offen. Dieser hat seinen Sprössling einst im Stich gelassen. Nun aber soll das ungleiche Trio Hunderte Liter Milch aus einer Laktose-Farm stehlen, um Vics Schuld zu begleichen. Also ziehen die drei los – nichtsahnend, dass Jinx in Wahrheit ganz andere (Rache-)Pläne hegt...

    Sony Pictures
    So kennen wir Garfield, als den wohl gefräßigsten Faulenzer-Kater des Planeten!

    Garfield hasst Montage, weil er da wahlweise zum Tierarzt geschleppt oder gebadet wird. Außerdem liebt er Lasagne und schaufelt dauerhungrig so ziemlich alles Essbare in sich hinein, was er im stets übervollen Kühlschrank vorfindet: Das sind die Hauptzutaten der aus den Comicstrips von Jim Davis bekannten Gags, die mit reichlich Slapstick schon in den ersten Filmminuten verbraten werden. Danach entfernt sich „Garfield – Eine Extra Portion Abenteuer“ gerade bei seinen neu hinzuerfundenen Figuren aber schnell von der Vorlage: Jinx und Vic sucht man in den Comics nämlich vergeblich, auch wenn gerade der zurückgekehrte Vater so etwas wie den emotionalen Kern des sehr actionlastigen und hektischen Animationsabenteuers darstellt. Vic will nun endlich für seinen Sohn da sein und die – in einer Rückblende zusammengefassten – Fehler der Vergangenheit wiedergutmachen (wobei der Grund für das Verlassen seines Sohnes reichlich konstruiert wirkt).

    Für tiefergehende Emotionen bleibt jedoch keine Zeit, denn es geht spürbar (und manchmal gar angestrengt) darum, bei der Zielgruppe im Grundschulalter noch ein Lachen herauszukitzeln. Das passiert meist mit reichlich infantiler Boing-Autsch-Situationskomik: So etwa zu Beginn der Mission bei Garfields vergeblichem (und zu einer enervierend lange Szene ausgewalztem) Versuch, im Flug auf den Waggon eines fahrenden Zuges zu gelangen – was in ein regelrechtes Pingpong ausartet. Ein Zug soll später auch im großen Finale noch einmal eine zentrale Rolle spielen, wobei sich der eigentlich so bräsige Kater bis hierhin wenig plausibel zum waschechten Actionhelden gemausert hat. Selbst der direkte Vergleich mit Tom Cruise in Form einer arg bemühten „Top Gun“-Anspielung (mit Unterstützung durch die Drohnen eines Lieferdiensts) wird nicht gescheut.

    Sony Pictures
    Das Wiedersehen von Vater und Sohn nach all den Jahren bildet das emotionale Zentrum des Films.

    Solch plakativen, altbacken wirkenden Gags finden sich zuhauf im Drehbuch. Das ist mit seiner Verherrlichung des faulen Lebensstils samt Schlemmer-Exzessen und Dauer-Streaming auf „Catflix“ (wo sich Garfield am Fließband lustige Katzenvideos anschaut) zwar nicht gerade pädagogisch wertvoll geraten, erreicht die trockene Anarchie des Comicstrips aber trotzdem nur selten. Apropos trocken servierte Pointen: Während die Besetzung von Chris Pratt als englische Originalstimme von Garfield einen regelrechten Aufschrei im Netz auslöste, weil der muskelbepackte „Guardians Of The Galaxy“-Star als unpassend eingestuft wurde, ist die deutsche Stimme natürlich über jeden Zweifel erhaben. Der Kult-Komiker Hape Kerkeling sprach schon Olaf in „Die Eiskönigin“ sowie Pandabär Po in „Kung Fu Panda“ – und legt die Stimme von Garfield nun passend selbstgefällig, etwas frech und altklug an.

    Vic wiederum wird im Original von Samuel L. Jackson gesprochen, dessen deutsche Stammstimme Engelbert von Nordhausen ebenfalls für den Part gewonnen werden konnte. Die als Animationsfilm-Sprecherin ebenfalls schon erfahrene Anke Engelke („Findet Dorie“) legt die Perserkatze Jinx (im Original: Hannah Waddingham aus „The Fall Guy“) betwas drüber an: Die kieksend-exaltierte Diktion passt jedoch hervorragend zu der emotional reichlich unausgeglichenen, hinterfotzigen Figur. Für Augenzwinkern sorgen unter Jinx’ Schergen auch ein paar Dialekt-Gags, etwa wenn der faltige Shar-Pei-Hund Roland (deutsche Stimme: Viktor Neumann) immerzu auf Hessisch babbelt, um dann am Ende zuzugeben, dass er das nur aus Gefälligkeit tat – und eigentlich Berliner sei.

    Fazit: Kinder im Grundschulalter werden an den quietschbunten Action-Animationen schon dank des wahnsinnig hohen Tempos sicherlich ihren Spaß haben. Ohne Hintersinn, aber dafür mit vielen Slapstick-Einlagen und zum Teil bemüht wirkenden Filmanspielungen sorgt „Garfield – Eine Extra Portion Abenteuer“ bei einem älteren Publikum allerdings eher für Katerstimmung.

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