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    Zweier ohne
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Zweier ohne
    Von Christian Horn

    Mit „Die Einsamkeit der Krokodile“, einer Verfilmung der gleichnamigen Novelle des leitenden „Spiegel“-Redakteurs Dirk Kurbjuweit, konnte Jobst Christian Oetzmann vor acht Jahren Kritik und Publikum überzeugen. Seitdem hat er keinen Kinofilm mehr realisiert, sondern fürs Fernsehen gearbeitet und unter anderem fünf Folgen der „Tatort“-Reihe inszeniert. Sein neuer Kinofilm, das Drama „Zweier ohne“, basiert ebenfalls auf einer Novelle von Kurbjuweit und erzählt von der so intensiven wie gefährlichen Freundschaft zweier Jugendlicher. Mit etwas überzogenem Willen zur metaphorisch-symbolischen Darstellung wirkt „Zweier ohne“ ein wenig gekünstelt; zudem lässt der Film keine Freistellen für eine eigenständige Reflexion des Zuschauers, alles wird in aller Überdeutlichkeit ausbuchstabiert.

    Der 17-jährige Johann (Tino Mewes) lebt bei seiner geschiedenen Mutter und besucht das Gymnasium – alles in allem führt er ein im Kontext der Zeit ganz normales Leben. Doch dann taucht ein Neuer an der Schule auf: der eigenartige Ludwig (Jacob Matschenz). Johann ist fasziniert von dem auffälligen, eigenwilligen Typen, der bei seinen übrigen Mitschülern hingegen schnell verpönt ist. Die beiden freunden sich an und fahren nach kurzer Zeit gemeinsam Zweier ohne, ein längliches Ruderboot ohne Steuermann. Jeder der beiden Fahrer hat nur ein Ruder und rudert auf seiner Seite des Rennboots; es ist also unabdingbar, dass Moment und Stärke der Bewegungen beider exakt aufeinander abgestimmt sind. Beide Fahrer müssen wie aus einem Guss agieren, der eine muss Unregelmäßigkeiten des anderen ausbalancieren und genau wissen, wie sein Partner funktioniert. Mit viel Training werden Johann und Ludwig schnell zu Gewinnern, in sicherer Regelmäßigkeit können sie bei Rennen den ersten Platz belegen. Ihre Freundschaft intensiviert sich parallel immer mehr; vor allem Ludwig ist von dem Wunsch besessen, dass er und Jakob sich absolut gleich werden: Sie sollen gleich aussehen, gleich handeln und in letzter Konsequenz sogar gleich denken – Zwillinge werden, wie ihre beiden Rivalen bei den Bootsrennen. Daher schlafen sie mit demselben Mädchen, rasieren sich eine Glatze und tragen dieselben Klamotten. Doch allzu bald müssen die beiden erfahren, dass diese absolute Angleichung mehr negative, als positive Wirkungen hat.

    Der Fokus der Inszenierung dieser Freundschaft liegt auf Johann. Er ist es, dessen Off-Kommentar die Erzählung begleitet und durch ihn lernen wir Ludwig kennen, der zu Beginn des Films ja schließlich auch „der Neue“ ist. Darüber hinaus erleben wir Johann auch alleine, während Ludwig nur in Verbindung mit seinem Freund in Erscheinung tritt. Johanns Verhältnis zu seiner Mutter wird kurz skizziert, er verliebt sich in Ludwigs Schwester Vera (Sophie Rogall) und als die beiden Freunde nacheinander mit einer Russin von der Schule schlafen, verweilt die Kamera bei Johann in der Küche, während Ludwig an der Reihe ist, und geht dann mit ihm zur Russin.

    Bei der Inszenierung hat Jobst Christian Oetzmann viel Wert auf metaphorische Elemente gelegt: die wohl größte Metapher des Films ist das Zweier-ohne-fahren, das letztlich die gefährliche Entwicklung zwischen den beiden Protagonisten versinnbildlicht. Daneben findet sich das Motiv der Brücke: Eine nie fertig gestellte Autobahnbrücke verläuft direkt über Ludwigs Elternhaus, in dem er mit Vater und Schwester lebt. Sie symbolisiert die Brücke, die zwischen den Köpfen der beiden entsteht (und ebenfalls nie fertig gestellt werden kann) und führt zudem das Motiv des Selbstmords ein. Von der Brücke stürzen sich nämlich regelmäßig Menschen und landen direkt vor dem Haus der Familie Ludwigs. Zuletzt wird auch die emotionale Annäherung der Freunde in überdeutliche Bilder gefasst, da beide sich durch ihre Glatzen und den exakt gleichen Kleidungsstil nun auch äußerlich gleichen; nicht zuletzt die Namensgebung fällt in diesen Bereich: Johann – Ludwig. Dieser Art gibt es etliche andere Metaphern, die direkt vom Rudersport auf die beiden Hauptfiguren übertragen werden.

    Dass die absolute Gleichschaltung der beiden nicht funktionieren kann, macht Jobst Christian Oetzmann deutlich, indem er immer wieder deren Gegensätzlichkeit betont. Schon rein äußerlich fällt diese – vor der Rasur – ins Auge: Johann hat schwarze Haare, Ludwig blonde. Weiterhin lebt der eine mit seiner Mutter, der andere mit seinem Vater. Und während Ludwig sich mehr und mehr auf die Gleichheit versteift, bleibt Johann offen für eigene Erfahrungen. Und geht damit den richtigen Weg: Denn, davon handelt der Film im Subtext, es führt in eine Sackgasse, wenn man in seinem Gegenüber nur sich selbst sucht; wenn der Blick auf einen anderen zum Blick in den Spiegel werden soll. Letztlich muss die Unterschiedlichkeit zweier Menschen in einer Beziehung, sei es nun eine Liebes- oder Freundschaftsbeziehung, akzeptiert und erkannt werden. Wie wenig man doch vom anderen weiß, darüber muss man sich bewusst werden. Ein Aufgeben der eigenen Identität zugunsten einer gemeinsamen Identität muss zwangsläufig scheitern. Und so ist es konsequent und richtig, dass dies auch in „Zweier ohne“ nicht ausbleibt.

    In stilsicheren Bildern und mit viel Musik inszeniert Jobst Christian Oetzmann diese Geschichte, die von den beiden Darstellern Tino Mewes und Jacob Matschenz mit Bravour getragen wird. Der Film leidet allerdings an seiner Überdeutlichkeit, die ein dauerhaftes Mitdenken des Betrachters ausschließt (und etwa im Off-Kommentar eine direkte erzählerische Instanz findet). Alles in diesem Film wird auf dem sprichwörtlichen Silbertablett serviert, in symbolische Bilder gefasst und noch dazu wiederholt vorgetragen. Dies kann wohl als Resultat der zahlreichen Fernseharbeiten Oetzmanns gewertet werden, da im Fernsehen aufgrund des Mediums deutlicher und weniger verschlüsselt erzählt werden muss, als das im Kino der Fall ist. Das ist schade, denn die Geschichte an sich hätte mehr hergeben können.

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