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    Bis zum Ellenbogen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Bis zum Ellenbogen
    Von Christoph Petersen

    Keine Frage, spätestens seit seinem Auftritt als sadistischer Wärter in Oliver Hirschbiegels Das Experiment muss man Justus von Dohnány uneingeschränkt zu den besten und gefragtesten Darstellern Deutschlands zählen. Und auch seine prägnanten Auftritte in Napola und Der Untergang sind unvergessen. Doch wie so viele, die oben angekommen sind, hat sich nun auch Dohnányi dazu hinreißen lassen, etwas Neues auszuprobieren. Zwar spielt er in der schwarzen Komödie „Bis zum Ellenbogen“ auch eine größere Rolle, zugleich gibt er dabei aber noch sein Debüt als Drehbuchautor und Regisseur. Gemeinsam mit seinen Schauspieler-Freunden Jan Josef Liefers und Stefan Kurt hat sich Dohnányi während der Fußball-WM 2006 zusammengetan, um mit geringem Budget, aber dafür umso mehr Improvisationstalent einen Kinofilm auf die Beine zu stellen. Sicherlich sieht man dem Endprodukt dieser Spielfreude und diese Leidenschaft durchaus an, wirklich überzeugen kann „Bis zum Ellenbogen“ aber leider nur in den ersten 20 Minuten.

    Ein Fahrradunfall schweißt sie in dem beschaulichen Schweizer Alpenidyll zusammen. Achim (Jan Josef Liefers), ein Hamburger Schein-statt-Sein-Manager der neuen Generation, fährt den zeltenden Willi (Stefan Kurt), einen Lebenskünstler aka Sozialschmarotzer, beim Downhill-Mountainbiking über den Haufen. Sofort entbrennt ein erbitterter Klassenkampf. Der ebenso friedliebende wie rückgratlose Sven (Justus von Dohnányi), ein buckelnder Bankangestellter aus Sylt, schreitet noch rechtzeitig ein, um Schlimmeres zu verhindern. Er bietet den beiden unversöhnlichen Streithähnen an, bei ihm in einer nahen Berghütte unterzukommen. Achim ist stinksauer, muss er doch nun auf Grund seines verletzten Beins seine Karte für das Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft zwischen Deutschland und Costa Rica verfallen lassen. Trotzdem rottet sich die so grundverschiedene Männer-WG in den folgenden Tagen irgendwie zusammen. Doch dann segnet Sven bei einem Gurkenbräterunglück das Zeitliche. Vor seinem Ableben hatte dieser noch von seiner Bank, seinem Chef und dessen Schwarzgeldsummen schwadroniert. Eigentlich wäre es für Achim und Willi mit diesen Insider-Informationen ein Leichtes, sich die Moneten unter den Nagel zu reißen. Allerdings müssten sie hierfür den langsam verrottenden Leichnam von den Schweizer Alpen quer durch Deutschland bis nach Sylt schaffen. Ganz nach dem Motto „Schwarzgeld stinkt nicht, Sven schon“ machen sich die Klassenfeinde frisch, fromm, fröhlich, frei ans Werk...

    Die Einstieg ist wirklich lustig. Wenn Achim und Willi in Windeseile die typischen Bonzen- beziehungsweise Hartz-4-Klischees herauskramen, um sich diese gegenseitig schwungvoll an den Kopf zu knallen, kommt wahrlich Freude auf. Das ist Deutschland (mitten in den Schweizer Alpen) – bissige Stammtischphrasen, aber auf hohem Humorniveau. Doch dann röstet der selbstgebastelte Gurkenbräter nicht nur den armen Sven, auch ein Großteil der Satirequalitäten geht gemeinsam mit dem Sylter Banker über den Jordan. Auf der beschwerlichen Autoreise quer durch die Bundesrepublik blitzt der treffende Klassenkampfwitz nur noch selten auf, vielmehr bestimmt nun einzig und allein die Geruchsproblematik das Geschehen. Die verwesende Leiche stinkt einfach fürchterlich. Ein paar Versuche der potentiellen Bankräuber, diesem unmenschlichen Gestank Einhalt zu gebieten, unterhalten dabei zwar noch ganz ordentlich – vor allem das Putzmittelexperiment hat es in sich. Doch diese Kalauer vermögen es nicht allein, die 84 Minuten Lauflänge zu tragen.

    Dazu trägt auch bei, dass die beiden Protagonisten der Buddy-Comedy bis zum Schluss nicht wirklich liebenswert rüberkommen. Jan Josef Liefers (Rossini, 666 - Trau keinem mit dem du schläfst) kopiert hier zwar beinahe eins zu eins seine Tatort-Auftritte als arroganter Schnösel-Gerichtsmediziner Prof. Boerne, erreicht dabei jedoch nie die schrägen Sympathiewerte seiner TV-Paraderolle. Stefan „Der Schattenmann“ Kurt (Vier Minuten, Mein Führer) beweist als Hartz-4-Empfänger zwar mehr Mut zu Neuem, etabliert sich mit seinem „Die Linke“-nahen Gefasel aber auch nicht unbedingt als Sympathieträger. So merkt man den beiden Schauspielern ihren Spaß an den Rollen zwar in jedem Moment an, doch der Funke will einfach nicht so recht überspringen. Nur Dohnányis Interpretation des Gutmenschen in Reinkultur schließt der Zuschauer sofort ins Herz, doch als starre Leiche fällt es naturgemäß schwer, hieraus noch weiter Kapital zu schlagen. Als Schauspieler hat er einen Punktsieg davongetragen, als Drehbuchautor zumindest mit den starken ersten 20 Minuten einen Volltreffer gelandet, doch als Regisseur gelingt es Dohnányi in seinem Debüt nicht, gegen das geringe Budget, auf das der Film in seiner letzten Szene noch einmal herrlich selbstironisch anspielt, anzukämpfen. So füllen die Bilder und Einstellungen das Kinoformat leider nur selten aus.

    Fazit: „Bis zum Ellenbogen“ ist eine schwarzhumorige Low-Budget-Komödie, die als vielversprechende Sozialsatire beginnt, sich dann jedoch recht bald in platten Kalauer-Gags verliert.

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